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Über die Mutationen

Mutationen, überraschend auftretend und lebensgefährlicher als das Original?

Die Antwort auf beide Fragestellungen lautet schlicht und ergreifend NEIN.

Die Covid-19 Mutationen treten weder überraschend auf, noch sind die Mutationen gefährlicher als ihre zahlreichen Kollegen, die die Deklaration der Pandemie durch die WHO begründeten.

Das kann nicht sein, wird der Eine oder Andere sagen, da die Regierungen und die sie beratenden „Experten“ uns über die Medien eine komplett andere Story erzählen. Der Tenor dieser medialen Berichterstattung wird vom ZDF in geradezu bezaubernder visueller Aufmachung präsentiert und trägt den eindrucksvollen Namen „Corona-Mutation und was sie so gefährlich macht“. Es werden uns statistische Spielereien präsentiert, die wie folgt begründet werden (Stand 17.01.2021 https://zdfheute-stories-scroll.zdf.de/corona-mutation/index.html): „In Deutschland wächst die Sorge, dass sich Coronavarianten aus Großbritannien (B1.1.7) und Südafrika (501.V2) ausbreiten könnten. Denn bis die Impfungen einen deutlichen Effekt zeigen, wird es noch lange dauern. Gleichzeitig ist die Zahl der Neuerkrankungen auf einem hohen Niveau. Durch die uns bekannten Mutationen des Virus steigt die Gefahr, dass noch mehr Menschen sterben. Warum? Die Mutationen sind wohl deutlich ansteckender. Ein hypothetisches Rechenbeispiel des Epidemiologen Adam Kucharski zeigt, welche Folgen eine schnelle Ausbreitung haben könnte … Rechenbeispiel Anzahl der Todesfälle nach einem Monat.“

Der fett gedruckte Text und ein ständig in den Farben wechselndes Covid-19 Virus schafft dann zusätzlich die nötige schaurige Angst und innerliche Panik, dass es nur noch extrem werden kann, wenn das Virus, wie die Berechnungen postulieren, tödlicher werden. Die dem ZDF Pate stehenden „Wissenschaftler“ kommen (1) zu dem Schluss „je mehr Menschen sich anstecken, desto mehr könnten sterben“ (ebenda). Und, immer wieder wird der Konjunktiv zitiert -“Fachleute vermuten“- „ es könnte sein“ – der PCR-Test zeigt, dass die Infektionen im Januar mit der Variante B1.1.7 in UK nach oben geschossen sind und sich weltweit verbreitet (Quelle natürlich die WHO). Schlussendlich kommt die Forderung, dass noch „härtere Kontakteinschränkungen“ notwendig sind. „Die gute Nachricht: die marktreifen Impfstoffe schützen, laut Meinung vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auch vor den bisher bekannten Mutationen“.

Das ist schlichter Nonsens, den die Panikmacher mit ihren Hochrechnungen verbreiten!

(1) Assoc. Prof. Adam Kucharski, London School of Hygiene and Tropical Medicine; European Centre for Disease Prevention and Control; Imperial College London; Johns Hopkins University; Nature; Public Health England; Science; Prof. Ulrike Protzer, TU München; World Health Organization

Zur Mutation

Wissenschaftler sind einig, dass Covid-19 nicht so schnell mutiert wie zum Beispiel das HIV Virus. Aber in der Arbeit, die im Namen der WHO das Virus klassifiziert, der Corona Study Group, wird bereits im Januar 2020 dargelegt, dass dieses Virus enorm schnell sich verändert und in extremer Vielfalt „Mutationen“ aufweist: „Die Art SARS-CoV-2 ist gekennzeichnet durch eine hohe Rate an homologer Rekombination, das heißt, dass viele ähnliche Stämme mit hoher pair-wise Distance (PD) zu der Art SARS-CoV-2 zusammengefasst werden, diese Stämme aber nicht gleich sind. Es wird gemutmaßt, dass es deswegen zu so unterschiedlich pathogenen Ausprägungen kommt!“ (https://www.nature.com/articles/s41564-020-0695-z)

Seit Januar 2020 ist damit bekannt, dass durch diese Arbeitsgruppe der WHO zahlreiche Mutationen dieses Coronavirus (homologe Rekombination) unter einem Sammelbegriff zusammengefasst worden sind.

Wegen der hohen Rate an homologen Rekombination empfiehlt daher die WHO-Studiengruppe, bei diesem Coronavirus sollen alle Nachweise von Verdachts-Infektionen auf das SARS-CoV-2 mit folgendem Standard erfasst werden: SARS-CoC-2 / Isolat/Heimat/Ort. Einfach formuliert, man hat einen Oberbegriff vorgeschlagen, der als nicht korrekt deklariert wird (SARSCoV-2) und unter diesem falschen Begriff alles vereint, was nach Ansicht der Studiengruppe auch nur ansatzweise in diesen Sammelbegriff reinpassen könnte. SARS-CoV-2 war, ist noch nie ein identisches Virus gewesen. Das kann man gut mit dem Vergleich belegen: alle Taschenuhren sind zusammengefasst worden, Hersteller bedingte Spezifika und Accessoires sind nicht beachtet worden und lediglich unbedeutende Einzelheiten.

Bekanntermaßen wird in Deutschland keine Klassifizierung nach dem Vorschlag der CSG gemacht. Nur zur Erinnerung! Zu dieser Arbeitsgruppe gehört Prof. Drosten von der Charité. Man kann sich nicht des Eindruckes erwehren, dass Drosten nicht nur hier das Wissen zurückhält.

Bereits für das 1. Quartal 2020 weisen Bette Korber et al. nach, dass die von den Autoren als „besorgniserregende“ Mutation Spike D614G in Europa großflächig Fuß gefasst hat und nicht mehr die Wuhan-Variante (3). Im Oktober 2020 erscheint von Jessica Plante und Kollegen der nächste Artikel (4). Darin wird belegt, dass das Coronavirus schon seit 2003 einen genetischen Korrekturlesemechanismus entwickelt habe, um seine lange RNA-Genome aufrechtzuerhalten. Die Autoren schreiben: „Für SARS-CoV-2 ergaben Analysen von mehr als 28.000 Spike-Gensequenzen im Mai 2020 eine D614G-Substitution, die vor März 2020 selten war, aber dann häufiger als die Pandemieausbreitung-Variante (5) wurde und bereits im Juni 2020 in über 74% aller  veröffentlichten Sequenzen nachgewiesen werden konnte (6) Die D614G-Substitution wird von drei weiteren Mutationen begleitet.“

Bis zum Juni 2020 hat die neue Variante – SARS-CoV-2-Spike (S)-Proteinvariante D614G- mit all ihren Untergruppen, bereits die Ursprungsvariante aus Wuhan weltweit vertrieben und erreichte innerhalb weniger Monate deren nahezu vollständige Ausrottung.

(3) https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.04.29.069054v2.full
(4) https://www.nature.com/articles/s41586-020-2895-3
(5) https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.04.29.069054v2.full
(6) https://www.cell.com/cell/pdf/S0092-8674(20)31229-0.pdf

Bereits im Juni 2020 ist die Ursprungsvariante aus Wuhan von Mutationen verdrängt:
Die Häufigkeit der D614G-Variante über die Zeit (blau) in Sequenzen, die aus sechs Kontinentalregionen gesammelt wurden, unter Verwendung desselben Datensatzes wie in (A), aufgetragen als gleitender 7-Tage-Durchschnitt. Die Häufigkeit des letzten Datums mit Daten wird vorgetragen, wenn für die jüngsten Daten keine Daten vorliegen, um die jüngste berechnete Häufigkeit anzuzeigen (hellblau). Rote Balken zeigen die Anzahl der Sequenzen, die als Nenner für die Berechnung der Häufigkeit für jedes Datum verwendet wurden.

Am 21. April 2020, nur 6 Wochen nach Ausrufen der Pandemie durch die WHO, erscheint bereits ein Artikel von Derek Lowe auf „Science translational medicine“ mit dem Titel „Auf Mutationen achten“. (7) Lowe verweist auch auf die Genomdatenbank GISAID, zu der sich sogar die Regierung der Bundesrepublik verlinken lässt und in der man nachlesen kann, dass die Mutationen dieser Covid-19 Gruppe enorm sind. Auch die englische Variante B1.1.7 ist nicht neu, wie uns Merkel weiß machen will, desgleichen nicht die Variante 501Y.V1, die wie Prof. Loman nachweist, bereits am 20. September 2020 in Kent auftritt. Aber vielleicht ist diese Variante sogar noch früher da, denn in Afrika, Südafrika, Addis-Ababa, Äthiopien ist die 501Y.V1 auch schon lange vorhanden. (8)

Wer mehr erfahren will, lese im „Das unfassbare Virus“ nach. Dort wird ausführlich aufgezeigt, dass die Bevölkerung bezüglich der Mutationen nicht korrekt aufgeklärt wird; Prof. Lauterbach auf völlig ahnungslos macht, um nicht zu sagen dumm.

Das Mutationstempo bei SARS-CoV-2 lässt sich jeden Monat in einem konstanten Tempo von 1 bis 2 Mutationen aufzeigen. Diese Erkenntnis beruht auf den wissenschaftlichen Forschungen der Arbeitsgruppe um Sebastian Duchene, die bereits im Mai 2020 in ihrer Analyse herausfanden, dass das Virus mit einer evolutionären Rate von etwa 1,1 x 10-3 Subs/Standort/Jahr im Zeitraum von Ende November 2019 bis 2. Februar 2020 konvergiert ist. Jetzt attackiert man uns mit der indischen Variante B.1.617. Das ist auch nichts anderes. Wenn man sich die Abbildung anschaut, zeigt sich, dass weder eine höhere Sterblichkeit noch prozentual bedeutende Zahl an registrierten Fällen, trotz all der Mutationen, über die 15 Monate seit Ausrufen der Pandemie gegeben sind.

(7) https://blogs.sciencemag.org/pipeline/archives/2020/04/21/watching-for-mutations-in-the-coronavirus
(8) https://africacdc.org/news-item/statement-on-new-sars-cov-2-variant-with-multiple-spike-protein-mutations/

Zum Gefahrenpotential der Mutationen

Auch wenn die Medien sich geradezu überschlagen, dass die neuen Varianten – und am besten jene, die weit entfernt, irgendwo auf dem Globus auftreten, hochgefährlich sein sollen und demnächst bei uns ihr Unwesen treiben, muss man konstatieren, dass das nicht der Fall ist. Bereits im September 2020 wird in der renommierten Zeitschrift „Nature“ die Frage aufgeworfen: The coronavirus is mutating — does it matter? (9) (Das Corornavirus mutiert — spielt das eine Rolle?).

Dieser Frage geht der Virologe David Montefiroi nach, da es eine Binsenweisheit ist, dass Viren wahre Evolutionskünstler, Trickser und damit Überlebenskünstler sind. Um dem Immunsystem, Impfstoffen und Antikörpertherapien zu entfleuchen, nutzen sie jede Möglichkeit, sich zu verändern, um durch Vermehrung ihre Art am Leben zu erhalten. Montefiroi schließt sich mit Korber kurz. Man stellt fest, dass Covid-19 zwar weniger schnell mutiert als das HIV-Virus, aber seine Spike-Dockstation mit der Variante D614G aufpoliert, um ein effizienteres Andocken am ACE2-Rezeptor beim Wirt zu erreichen. Bereits im Juni 2020 wird diese Update Mutation von den Forschern als die Pandemievariante der Welt bezeichnet. 12.000 Mutationen in SARS-CoV-2-Genomen haben die Forscher bisher katalogisiert.

Aber das heißt noch lange nicht, dass diese Covid-19 Mutationen für den Menschen ernsthaft gefährlicher sein müssen. Man ist sich einig, das Virus mit seinen neuen G- und D Partikeln ist ansteckender geworden, aber nicht wirklich gefährlicher. Gefährlich heißt, den Menschen schwer erkranken zu lassen oder sogar eine tödliche Infektion auszulösen. Genau das ist jedoch nicht gegeben. Man ist auf dem Entdeckertrieb oder wie es Nathan Grubaugh von der Yale Universität formuliert „Der Virologe in mir schaut sich diese Dinge an und sagt, es würde viel Spaß machen zu lernen. Es schafft dieses ganze Kaninchenloch mit verschiedenen Gängen, in die man gehen kann.“ Unter dem Strich bleibt, die wissenschaftliche Wissbegierde und die Tatsache, das diese keinen Lockdown in dieser Form rechtfertigt. Zurück bleibt, dass trotz der Mutationen keine erhöhte Sterblichkeit besteht. Unser Immunsystem bleibt das A und O der Abwehr viraler Invasionen. Dennoch, so konstatiiert Nathan Montefior, das HIV Virus mutiert stärker, um den Impfstoffen zu entgehen, die dagegen entwickelt wurden. Das muss auch bei Covid-19 im Auge behalten werden (10).

Ein treffendes Statement von Nathan D. Grubaugh, Mary E. Petrone und Edward C. Holmes: „Die allgegenwärtige Behauptung, dass ein Virus während eines Ausbruchs virulenter mutieren wird, veranschaulicht besonders dieses Phänomen, obwohl dieses Gespenst eines „Superkillers“-Virus unbegründet ist . Die Bedeutung des Wortes „Mutation“ im Volksmund spiegelt nicht die Komplexität der Evolutionstheorie wider. In der Science-Fiction bedeutet „mutieren“, eine bedeutende Transformation zu durchlaufen. Charaktere in Marvel Comics zum Beispiel besitzen aufgrund von Mutationen unglaubliche neue Fähigkeiten. In der Unterhaltungsindustrie ist die Dramatisierung der Evolution zur Darstellung von Krankheitsausbrüchen ein gängiges Thema. In Michael Crichtons The Andromeda Strain „mutiert“ sich kontinuierlich ein außerirdischer Mikroorganismus, um neue biologische Eigenschaften zu erlangen, einschließlich der Fähigkeit, Kunststoff abzubauen und der Eindämmung zu entgehen. Das übertriebene Buch The Hot Zone inspirierte den Thrillerfilm Outbreak aus dem Jahr 1995, in dem ein fiktives Ebola-ähnliches Virus schnell zu einem hochinfektiösen Stamm mutiert, der aerosolisiert übertragen werden kann. Angesichts der Zugänglichkeit und Massenattraktivität dieser Werke ist es nicht überraschend, dass Journalisten und Wissenschaftler während eines realen Ausbruchs manchmal dazu prädisponiert sind, auf diese fiktiven Ansichten zurückzugreifen.

Unsere Medienströme und wissenschaftlichen Kommunikationen, die mit Beklemmungen und Falschdarstellung von Mutationen im Zusammenhang mit dem Ausbruch eines neuartigen Coronavirus, SARS-CoV-2, überschwemmt sind, veranschaulichen diese Haltung. Schlagzeilen mit „DNA-Sleuths“, die nach „gefährlichen Mutationen“ im neuen Virus suchen, wecken die Erwartung, dass das Virus zwangsläufig mutieren wird, um tödlicher zu werden. Nachrichtenberichte warnen davor, dass sich mutierende Viren schneller verbreiten können, wecken Visionen eines Weltuntergangsszenarios, in dem die Bemühungen der öffentlichen Gesundheit zur Bekämpfung der Epidemie vergeblich werden. Im Gegensatz zur Science-Fiction ist die Dramatisierung der Virusmutation jedoch nicht harmlos. Es ist an der Zeit, unser Konzept von Mutationen neu zu gestalten. Mutationen sind kein Hinweis auf seltsame und verheerende neue virale Eigenschaften. Stattdessen können sie unser Verständnis für neu auftretende Ausbrüche beeinflussen. Anstatt Mutationen zu fürchten, ist es vielleicht jetzt an der Zeit, sie anzunehmen.“

„ Wir sollten uns keine Sorgen machen, wenn ein Virus bei Krankheitsausbrüchen mutiert.“ (11)

 

(9) https://www.nature.com/articles/d41586-020-02544-6
(10) https://www.nature.com/articles/d41586-020-02544-6
(11) Nathan D. Grubaugh, Mary E. Petrone und Edward C. Holmes – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7095397/